Australien Coober Pedy / Rotes Zentrum

28.03.11 - 03.04.11

Coober Pedy

Früh aufbrechen und früh dort sein. Das war eigentlich das Ziel, um von Port Augusta nach Coober Pedy zu kommen. Doch leider weit gefehlt. Wir waren früh auf und waren auch früh bereit, um die 540 Kilometer lange Strecke unter die Räder zu nehmen. Doch wir mussten noch zwei Verbindungsprobleme lösen, bevor wir ins Outback starteten. Die neu erworbene Australische Telefonkarte musste noch aktiviert werden sowie unser mobiler WiFi-Router musste mit neuem Kredit geladen werden. Natürlich versuchten wir dies in den letzten 48 Stunden auf jede erdenkliche Weise zu machen, doch ziemlich erfolglos. Anrufen auf die Hotline mit unseren Natels geht nicht, auf der Anbieterwebsite werden keine ausländischen Kreditkarten akzeptiert und so weiter. Also versuchten wir dies aus einer öffentlichen Telefonkabine am Strassenrand zu erledigen, chancenlos. Dann fuhren wir zu nächsten Supermarkt und fanden zufällig einen Shop, der dieselben Produkte verkauft, wie wir aktivieren oder aufladen mussten. Leider konnte man uns dort auch nicht weiter helfen. Verkaufen ja, aber Dienstleistung gleich null. Doch sie konnten uns sagen, wo in der Stadt der Anbieter einen Shop hat. Doch leider konnte man uns dort nur bedingt weiter helfen. Sie stellten uns aber das Telefon zur Verfügung, damit wir über die Hotline die SIM-Karte aktivieren konnten. Ebenfalls konnten sie uns einen Voucher verkaufen, um den WiFi-Router via SMS zu laden. Dies in der Hoffnung, dass es funktionieren sollte. Wir hatten Glück und die Verbindungen zur Aussenwelt konnten hergestellt werden.

So war es dann schon bald Mittag, als wir den A87 unter die Räder nahmen. A87 bezeichnet den National Highway in South Australia und ist südlicher Teil des Stuart Highways. Der Stuart Highway ist die wichtigste Fernverkehrsstrasse Australiens. Die Nord-Süd Verbindung ist ca. 2‘800 Kilometer lang und verbindet die Städte Darwin und Port Augusta. Wir werden für die nächsten paar Tage ungefähr 2/3 des Stuart Highways befahren, bis wir dann in Tennant Creek Richtung Ostküste abzweigen werden. Die Fahrt bis Coober Pedy könnte man so beschreiben: lange, lange geradeaus, links und rechts Büsche, Sträucher oder Gräser, vereinzelt einmal ein Salzsee und soweit man blicken kann einfach nur nichts ausser Steppe. Mit einem Tankstopp donnerten wir durch bis Coober Pedy und waren eigentlich noch zur Zeit am Ziel.

Der Name Coober Pedy ist eine englische Schreibweise des Aborigines-Begriffs „kupa piti“, was so viel heisst wie „weisser Mann im Loch“. Und genau diese Umschreibung trifft den Nagel auf den Kopf. Rings um Coober Pedy reihen sich Erdhaufen an Erdhaufen, teilweise sieht es aus wie eine Mondlandschaft. Und der „weisse Mann im Loch“, wie dies die Aborigines richtig erkannt haben, buddelt nach Opal. Etwa drei Viertel der weltweiten Funde von weissem Opal werden in und um Coober Pedy gemacht und so nennt sich die Stadt „Opal-Hauptstadt der Welt“. Im Umkreis von 500 Kilometern findet man fast keine Besiedlung, ausser vereinzelt mal ein Roadhouse. Woher denn auch? In dieser Gegend kann man kaum wohnen. Temperaturen im Sommer bis 50 Grad sind nicht selten. Daher hat es in der 1‘500 Seelen Stadt verhältnismässig wenig Häuser. Die Menschen leben unter der Erdoberfläche, meistens in Erdhügeln, wo gleichmässige Temperaturen herrschen.

Mit George, einem echten Coober Pedyer, machten wir eine Stadtbesichtigung. Zuerst ging es in die Kirche, natürlich unterirdisch. Dann machten wir einen Halt zwischen ein paar Erdhaufen, wo nach Opal gegraben wurde und wir machten uns ebenfalls auf die Suche nach dem faszinierenden, farbigen Edelstein. Mit Hilfe eines Wasserzerstäubers fanden wir kleinste Bruchstücke von Opal. Natürlich hofften wir auf den Riesenfund und unsere Reise wäre auf einen Schlag finanziert gewesen. Aber leider war damit nix gewesen. Danach machten wir einen Besuch auf dem „Coober Pedy Opal Fields Golf Club“. Ein grasloser 18 Loch Golfplatz mitten in der Wüste, einfach grandios. Der Golfplatz rangiert als Nummer sieben der einzigartigsten Golfplätze der Welt. Im unterirdischen Kino sahen wir dann einen Film über die Entstehung des Opals. Anschliessend besichtigten wir ein unterirdisches Haus sowie eine alte Mine.

Eine aus Metall zusammengeschweisste Skulptur steht auf einem Hügel mitten in der Stadt und symbolisiert einen Baum, denn Bäume sind in dieser Klimazone eine Seltenheit. Etwas, das ausnahmsweise nicht unterirdisch ist, ist das Autokino. Eine riesig grosse Leinwand steht auf einem Parkplatz und an jedem zweiten Samstag wird ein Kinofilm gezeigt. Weil man in Cobber Pedy sehr, sehr weit weg von der Zivilisation lebt, werfen die Leute defekte und alte Sachen nicht weg, sondern sammeln diese, um im Notfall darauf zurück greifen zu können. So hat die Stadt schon fast den Anschein eines riesig grossen Schrottplatzes.

Am Abend machten wir mit George eine Sunset Tour um Coober Pedy herum. Die Stadt wurde schon einige Male zum Filmset. So auch 1985 als Mad Max - Jenseits der Donnerkuppel mit Mel (Badboy) Gibson und Tina Turner gedreht wurde. So hatten wir die Gelegenheit am einen oder anderen Drehort vorbei zu fahren. The Breakaways ist eine farbige Hügellandschaft mitten im Outback und leuchtet besonders schön im Abendlicht. Die Mondlandschaft namens Moon Plain konnten wir leider nicht sehen, denn die sonst so karge Gegend grünt so grün. Seit Jahren oder Jahrzehnten hatte es nicht mehr so geregnet wie in den letzten paar Wochen und so wurde die Wüste zu einem grünen Meer von Gräsern und Büschen. Das war sehr wahrscheinlich auch ein einzigartiger Anblick. Der Dingo Fence oder Dog Fence, ein Dingo- oder Hundezaun, wurde 1880 aufgebaut, um die Schafe vor den Dingos zu schützen. Der Zaun mit einer Länge von 5‘320 Kilometer ist eines der längsten Bauwerke und der längste Zaun der Welt. Mitten im Outback schauten wir der Sonne zu, wie sie am Horizont langsam unter ging.

Als wir wieder zurück in unserem Camper waren, erreichte uns die ganz traurige Nachricht, dass unsere Turnkameradin Nadle ihrer schweren Krankheit erlegen ist. Noch vor ein paar Wochen hatten wir uns geschrieben und sie hatte positiven Bescheid der Ärzte erhalten. Umso überraschter waren wir, dass sich ihre Sonne zum letzten Mal hinter dem Horizont senkte. Wir können es gar nicht fassen. Sie war so ein guter und fröhlicher Mensch und wir fragen uns, wo herrscht da die Gerechtigkeit?!

Rotes Zentrum

Am nächsten Tag lagen über 700 Kilometer Fahrt vor uns, mitten ins rote Zentrum. Es war die beschissenste Fahrt überhaupt. Wir spulten einen Kilometer nach dem anderen ab und redeten recht wenig miteinander. Wir waren beide gedanklich in Erinnerungen an unsere Freundin und ihrer Familie. Wir hatten so viele schöne und gute Erlebnisse mit ihr auf und neben dem Gymnastikfeld oder auf der Bühne. Gegen Abend erreichten wir den Uluru, Ayers Rock, und schauten mit Tränen in den Augen dem Farbenspiel am grossen, heiligen Felsen zu, während die Sonne unterging.

Liebi Nadle! Die Löcke, die du hinterlasch esch endlos grösser,

als de heilig Felse da vor üs ond du wersch ewig e öisem Herze si.

Am nächsten Tag fuhren wir noch einmal zum Uluru, um ihn aus der Nähe zu betrachten. Mythische Legenden der Aborigines besagen, dass alle Traumzeitreisen am Uluru enden oder dorthin führen. Es ist ein riesiger roter Brocken, ca. 500 Millionen Jahre alt, 3 Kilometer lang, 2 Kilometer breit und 348 Meter hoch. Lange wurde der früher genannte Ayers Rock als Monolith betrachtet. Doch Forschungsergebnisse zeigten, dass der Uluru ein Teil einer unterirdischen Gesteinsschicht ist, die auch die 30 Kilometer entfernten Kata Tjuta, bekannt als Mount Olga, verbindet. Die Gruppe von 36 Bergen war dann auch unser nächstes Ziel. Einfach eindrücklich diese Felsformationen mitten in der Wüste. Was nicht gerade sensationell ist, das sind die Billionen von Fliegen, die da im Outback herumfliegen. Ohne Moskitonetz um den Kopf herum muss man gar nicht nach draussen gehen.

Und wieder einmal hiess es früh aus den Federn. Der Sonnenaufgang am Uluru, das war angesagt. Wir fuhren um den heiligen Felsen auf die Ostseite und warteten. So stieg allmählich die Sonne am Horizont hinter den Bäumen empor und brachte Licht ins Dunkle beim 3. Wahrzeichen Australiens. Danach machten wir uns auf den Weg nach Alice Springs. Die Kleinstadt mitten in der Wüste befindet sich nahe dem geographischen Zentrum Australiens und ist mindestens 1‘500 Kilometer von anderen grösseren Städten entfernt.

Wir gönnten uns mal einen Tag, um nicht viel zu tun. Jedoch nichts konnten wir auch nicht tun. So unternahmen wir einen Besuch bei der Basis des Royal Flying Doctor Service. In einem kleinen Museum sowie einem Film erfuhren wir mehr über die medizinische Versorgung durch die fliegenden Ärzte, die 80% des Kontinentes abdecken. John Flynn, Gründer der Organisation im Jahre 1928, ziert die Rückseite der 20 Dollar Note. Die Royal Flying Doctors sind mit 53 Flugzeugen auf dem ganzen Kontinent während 24 Stunden täglich im Einsatz. Stolz waren wir natürlich darüber, dass man mittlerweile auf Schweizer Qualität setzt und zum Teil Pilatus PC-12 Flugzeuge verwendet.

Auf dem Stuart Highway weiter Richtung Norden mussten wir ein paar Mal im Schritttempo fahren. Die Fahrbahn

wurde in den letzten paar Wochen arg überflutet, der Highway war auch für längere Zeit geschlossen. Bei einem Halt im Roadhouse in Barrow Creek bestaunten wir die sogenannte Bush Bank. Überall im Pub hängen Banknoten, ebenfalls zwei Schweizer 10er-Noten. Die Bush Bank funktioniert folgendermassen: Gäste pinnen einen Geldschein mit ihrer Unterschrift und Datum ihres Besuches an die Wand im Pub. Wenn sie ein zweites Mal den Weg in diese gottverlassene Gegend finden und in der Bush Bank einkehren, können sie den Gegenwert der Banknote verkonsumieren. Zinsen für das Bankguthaben gibt es allerdings nicht. Da es wirklich in einer gottverlassenen Gegend ist, haben wir auf ein Bankkonto verzichtet. Barrow Creek machte Schlagzeilen mit einem Tötungsdelikt am 14. Juli 2001. Der 28-jährige Britische Tourist Peter und seine Freundin Joanne waren nachts auf dem Stuart Highway unterwegs und wurden Opfer eines Verbrechens. Peter wurde erschossen, jedoch wurde seine Leiche nie gefunden. Joanne wurde entführt und konnte sich später befreien. Den Mörder fand man erst 2005 anhand der DNA und er wurde 2006 zu 28 Jahren Gefängnis verurteilt. Die ganze Tragödie wurde 2007 unter dem Titel „Mord im Outback“ verfilmt. Eine schreckliche Geschichte!

Wir fuhren weiter, ebenfalls zu einem schrecklichen Namen. Devil’s Marbles, die Murmeln des Teufels. Doch das tönt nur schrecklich, denn es sind nur grosse runde Granitsteine, die sich 100 Kilometer vor Tennant Creek befinden. Eindrücklich, wie die riesig grossen Felsbrocken, teilweise fast kugelrund, beieinander liegen. Entstanden durch Verwitterung und Erosion, aber nicht in den letzten paar Tagen. Da waren wohl wieder ein paar hunderttausende Jahre Arbeit am Werk.