Neuseeland Westküste / Queenstown / Milford Sound

05.02.11 - 12.02.11

Westküste

Am folgenden Tag war es trocken und wir begaben uns zum Fährhafen. Mit der Autofähre verliessen wir in Wellington die Nordinsel und setzten über auf die Südinsel nach Picton. Die dreistündige Überfahrt durch die Cookstrasse, benannt nach dem Britischen Seefahrer James Cook, war kurzweilig und mit ruhiger See. Was nicht immer der Fall ist, denn die Meerenge gehört zu den stürmischsten Meeresstrassen der Welt (Glück gehabt! Aber wir fahren nochmals zurück.). Landschaftlich war das letzte Drittel spektakulär. Die Fähre kreuzte durch die engen Fjorde des Marlborough Sounds, die Ufer waren beidseitig fast zum greifen nah. Grüne Wiesen und Wälder bedecken die Hügel bis hinab zum Ufer. In Picton, am Ende des Queen Charlotte Sounds, erreichten wir die Südinsel bei strahlendem Sonnenschein. In Whanganui (Nordinsel) hatten wir Deutsche Nachbarn auf dem Campingplatz. Sie gaben uns einen Tipp, wie wir von Picton nach Nelson fahren können. Am Hafen ab der Fähre fahren und dann rechts, eine wunderschöne Strasse mit Ausblick über den Marlborough Sound. Und genau das taten wir, es war wirklich wunderschön. Das tiefblaue Meer schlängelt sich um die grün bewaldeten Hügel, vereinzelt mit Palmen durchsetzt und blauem Himmel mit schneeweissen Schäfchenwolken.

Von Nelson nach Westport fuhren wir auf kurvigen Strassen über unzählige Hügel und durch Tannenwälder. Geplant war, dass wir in Westport übernachten würden. Doch das Wetter hielt uns nicht in der Hafenstadt am Buller River. So setzten wir die Fahrt Richtung Greymouth fort. Durch Regenwälder, die ihrem Namen gerecht waren, es regnete pausenlos. Aus dem grünen Dickicht tönte es zeitweise fast ohrenbetäubend von tausenden von Grillen. Als wir von einem Rastplatz weiter fahren wollten, entdeckten wir im Rückspiegel einen Vogel, der auf der Strasse herum spazierte. Also stellten wir den Camper wieder ab, stiegen aus und machten uns auf die Suche nach dem Vogel. Plötzlich raschelte es im Gebüsch und wir sahen den Pipmatz. Das muss ein Kiwi sein, das Nationaltier der Neuseeländer. Der Kiwi ist zwar ein Nachttier, aber vielleicht hatte er sich ja in der Zeit geirrt. Voller Freude über unsere Entdeckung setzten wir die Fahrt zu den Pancake Rocks fort. Dort kam dann die Ernüchterung, als wir auf einer Ansichtskarte diesen Vogel als Weka (Woodhen) betitelt sahen. Sieht dem Kiwi sehr ähnlich, hat aber einen viel kürzeren Schnabel. O.k., es hätte ja sein können, dass wir Glück bei der Tierbeobachtung haben. Aber vielleicht ist es wie mit dem Wetter und das Glück lässt noch auf sich warten.

Die Pancake Rocks bei Punakaiki an der Tasmansee sehen aus wie übereinander geschichtete Pfannkuchen. Vor 30 Millionen Jahren übereinander geschichtete Ablagerungen von Kalksedimenten und Tonmineralien erodieren unterschiedlich schnell, seit sie durch eine Landhebung an die Oberfläche gehoben wurden und Wellen, Wind und Regen ausgesetzt sind. Durch Löcher und Röhren im Felsen wird Meerwasser in die Höhe gedrückt, was als Blowhole sichtbar wird. Unsere Lebenserwartung liegt bei etwa 82 Jahren. Gemessen an den 30 Millionen Jahren wäre dies 365‘854 mal unsere Lebenserwartung. Auch das ist eine unvorstellbare Zahl, wie alt dieses Gestein wirklich ist. Auf jeden Fall eine sehr eindrückliche Landschaft.

Als wir zu Bett gingen, regnete es schon wieder. Doch am nächsten Morgen konnte man nicht mehr von Regen sprechen, das war eher ein Monsun. Wie aus Kübeln goss es hinunter. Nun hätten wir ja mit unserem Camper einfach losfahren können, wenn da nicht noch das Stromkabel draussen eingesteckt gewesen wäre. Da keiner von uns beiden nochmals duschen wollte, warteten wir ab, bis es aufhört oder mindestens etwas weniger feucht vom Himmel her kommt. Doch das Warten brachte gar nichts. Also musste einer (Jürg) dran glauben und das Stromkabel draussen entfernen. Pudelnass ging die Fahrt weiter südwärts, vorbei an Goldgräbersiedlungen und überschwemmten Bach- und Flussläufen. Im Laufe des Nachmittages erreichten wir den Franz Josef Gletscher, benannt nach Franz Josef I., Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn. Der 11 Kilometer lange Gletscher im Westland-Nationalpark fliesst pro Tag einen halben Meter, die Gletscherzunge kann von der Küste her gesehen werden. Zusammen mit dem Fox Gletscher ist er einer der niedrigsten gelegenen Gletscher mittlerer Breite mit 400 Meter über Meereshöhe. Auf einem kleinen Spaziergang näherten wir uns dem Gletscher, eine riesige Eismasse. Die Nacht verbrachten wir im nahe gelegenen Dorf Franz Josef auf dem bisher besten Campingplatz. Am nächsten Morgen verzogen sich die Wolken ein bisschen und wir hatten eine schöne Fernsicht hinauf zum Gletscher. Von einem Besuch am Fox Gletscher mussten wir leider absehen, denn 7.1 Meter lange Fahrzeuge können die schmale Strasse nicht passieren. Entlang der Westküste bis nach Haast hatten wir dann einmal mehr das Vergnügen mit dem Neuseeländischen Regen. Mittlerweile stresst es uns nicht mehr so fest, denn das Wetter wechselt fast stündlich. Also immer Sonnencreme und Regenschirm einpacken. Jedoch das Wichtigste ist der Insektenschutzspray gegen die Sandflies. In Haast verliessen wir die Küste und drehten landeinwärts über den Haast Pass am Lake Wanaka und Lake Hawea vorbei. Von Wanaka aus steuerten wir Queenstown an, Zentrum des Abenteuertourismus!

Queenstown

Wir gönnten uns einen easy Tag in Queenstown, vor allem genossen wir die Sonne. Es war zwar noch nicht so warm, aber auf unserer Neuseelandexpedition sehr wahrscheinlich der erste Tag ohne Regen. Als erstes brauchten wir noch etwas Zeit für ein Update auf der Homepage (immer wieder Verbindungsprobleme). Dann hatten wir die schwierige Aufgabe, aus den vielen, vielen Angeboten an Abenteuer, Action und Erlebnis etwas passendes auszusuchen. Ein paar hundert Franken später hatten wir ein perfektes Programm für die folgenden zwei Tage zusammengestellt. Den Rest des Tages verbrachten wir in der Stadt mit Shopping und Relaxen. Die einstige Goldgräberstadt mit ca. 10‘000 Einwohnern ist klein und sehr schön. Hier könnte man länger bleiben. Viele neue Gebäude haben einen Touch an die Zeit, als man noch nach Gold suchte. Der Lake Wakatipu erinnert uns an einen Bergsee. Er ist wunderschön und umgeben von den Bergen der Neuseeländischen Alpen, die bis ans Ufer reichen. Der 80 Kilometer lange See befindet sich auf einer Höhe von 310 Meter über Meer. An seiner tiefsten Stelle ist er 380 Meter tief und liegt somit teilweise unter dem Meeresspiegel. Nachdem wir in der Barmuda (super schöne Bar) einen Apéro genommen hatten, setzten wir uns an die Waterfront und genossen zum Abschluss des schönen Tages im Pier 19 einen Wildteller.

Ithilien, Lothlorien, Amon Hen und Isengard findet man nicht in Neuseeland. Aber in Middle Earth. Aber was ist denn Middle Earth? Das ist dort, wo Rohan, Gondor und Mordor liegen. Also eigentlich existiert das alles gar nicht wirklich. Eine Fantasiewelt des Briten J.R.R. Tolkien aus dem Jahre 1954/1955 und einer der erfolgreichsten Romane des 20. Jahrhunderts. 1999 und 2000 wurde das Buch unter der Regie des Neuseeländers Peter Jackson in Neuseeland verfilmt und 2001, 2002 und 2003 in der Trilogie „The Lord of the Rings“ bzw. „Herr der Ringe“ in den Kinos zu sehen. Da drängte sich doch eine Besichtigungstour der Filmlocations auf. Gefilmt wurde in ganz Neuseeland. Doch gibt es Orte, wo mehrere Szenen gedreht wurden. So eben auch in Glenorchy, 40 Kilometer westlich von Queenstown. So starteten wir die Entdeckungstour Herr der Ringe mit unserem Tourguide Chris (Soap 1). Er führte uns an Stellen, wo Szenen gedreht wurden und ergänzte dies mit Bilder aus dem Film. Chris selber war während der ganzen 14 Monate dauernden Dreharbeiten mit der Filmcrew unterwegs. Als Uruk-hai war er selbst Darsteller im Film und gehörte zu den ganz kräftigen, bösen Jungs, die Sauron und Saruman dienten. Also einen besseren Führer hätten wir nicht haben können, als einer der mit Leib und Seele dabei war. Und das merkte man auch. Er führte uns an diverse Plätze, wie z.B. Ithilien, dort wo die Oliphants in Erscheinung traten und Frodo, Sam und Sméagol auf einer Krete lagen und die Riesenelefanten beobachteten. Von dort aus waren auch die Gebirgszüge zu sehen, wo Mordor lag. Oder in Amon Hen, wo die beiden Hobbits Pippin und Merry im Wald auf Boromir gestossen sind, der von einem Pfeil getroffen wurde. Auf der weiteren Entdeckungstour kamen wir an einem Strassenschild vorbei, das nicht direkt mit dem Film zu tun hatte, aber zum Lachen anregte. Auf dem Wegweiser steht „Paradise 12 km“, eine Gegend im Mount Aspiring National Park nördlich des Diamond Lake. Auf dem selben Schild steht darunter noch „No Exit“! Also fuhren wir direkt ins Paradise und mit „No Exit“ war nicht gemeint, dass wir nie mehr zurück kommen werden sondern dass es sich um eine Sackgasse handelt und man den selben Weg wieder zurück fahren muss. Im Paradise angekommen, sahen wir Isengard, das Tal des Zauberers (Nan Curunir), wo der 500 Fuss hohe Tower of Orthanc (Turm) von Saruman stand. Weiter nördlich im Paradise kamen wir in ein Waldstück, wo sich die drei Elfen Prinzessinnen in Lothlorien unterhalten. Es war eine sehr eindrückliche Tour und wir können es fast nicht erwarten, zu Hause die Trilogie Herr der Ringe nochmals zu schauen. Natürlich hoffen wir, dass wir auch die eine oder andere Szene wieder erkennen werden. Wir werden noch weitere Filmlocations auf der Nordinsel besuchen. Zurück in Queenstown nahmen wir die Skyline Gondelbahn auf den Bob’s Peak, genossen den Ausblick über die Stadt und den See, bei einem leckeren Dinner Buffet mit allem was das Herz, besser gesagt der Bauch, begehrt .

Der Shotover River ist ein Nebenfluss zum Kawarau River, der im Lake Wakatipu in Queenstown mündet. Der Shotover River war Ausgangspunkt der nächsten Attraktion. 14 +1 Sitzplätze, 2 x 260 PS und ca. 85 km/h schnell - Shotover Jet, eine Jetboot Fahrt auf dem Fluss. Mit halsbrecherischem Tempo ging der Ritt durch die Schluchten, um Haaresbreite an Felswänden und Steinbrocken vorbei, über Stromschnellen hinweg und da und dort eine 360 Grad Kehre. Eine Flussfahrt, wie wir sie noch nie gemacht hatten - cool! Aber für Jürg war dies noch zu wenig Adrenalin Schub. So folgte das nächste Spektakel mit folgenden Eckdaten: 109 Meter hoch, 60 Meter freier Fall, 150 km/h schnell und 200 Meter schwingen - The World‘s highest Cliff Jump. Auf einer Plattform weit oben über dem Shotover River geht es zum Welt höchsten Klippen Sprung. Das tönt doch recht gut - sounds good - würden da die englisch sprechenden sagen. Mit einem Klettergurt fest angeschnallt ging es zur berühmten Kante. Also nicht die Kante ist berühmt. Aber das ist immer der Punkt, wo man sich nochmals fragt: Weshalb mach ich das eigentlich, hoffentlich hält das, hoffentlich haben die Jungs alle Seile geprüft und diese auch fest gemacht?! Jetzt gibt es kein Zurück mehr, der Adrenalin Kick folgt sofort. Jürg stand da vor dem Abgrund, alle Seile fest gemacht (also nur eins - aber das muss sehr wahrscheinlich so sein) und nun war noch die Frage zu klären, welche Sprungart soll es denn sein. Springen kann man auf alle Arten, auch mit Stuhl, Skier oder Mountainbike für die ganz ausgekochten. Es waren diverse Sprungarten vorgeschlagen mit einer Bewertung wie scary (furchterregend) der Sprung sein wird. Very, very, very scary war das Maximum, retour springen, das überzeugte Jürg. Und so stand er mit dem Rücken zum Abgrund, ein letztes Foto noch, und dann hiess es: retour abspringen und sich überraschen lassen, was passiert. Im freien Fall ging es über die Klippe runter, unten der Fluss, oben der blaue Himmel. Ganz wichtig dabei, die paar Sekunden im Fall geniessen, wie ein Vogel in der Luft zu schweben, also eher zu fallen, das ist der Kick! Nach ca. 60 Meter rücklings fliegen, bei ca. 150 km/h beginnt das Seil, das weit oben, mitten über der Schlucht festgemacht ist, den freien Fall abzulenken und den Springer langsam von der Felswand hinaus über den Fluss weg zu ziehen. Dann folgt das 200 Meter lange Ausschwingen, etwa so wie auf einem „Ritiseili“, nur eben, dass die Seile etwas länger sind. Ein wirklich gutes Action Abenteuer mit einer rechten Portion Epinephrin. Vom Shotover River, wo auch Szenen für Herr der Ringe gedreht wurden, ging es zurück nach Actiontown, nein natürlich Queenstown. In dieser Stadt gibt es nur eines nicht - Langeweile.

Milford Sound

Das liebe Wetter in Neuseeland war uns mal wieder nicht gerade gut gesinnt (und wir haben den Teller immer leer gegessen!). Wir freuten uns auf den nächsten Ausflug, doch der fiel fast buchstäblich ins Wasser. Von Te Anau aus wollten wir mit dem Flugzeug über den Fjordland Nationalpark fliegen, dann mit dem Schiff durch den Milford Sound fahren und anschliessend wieder zurück fliegen. Doch als wir am Morgen früh am Flugplatz anriefen, sagte man uns, dass der Flug auf Grund der Wetterverhältnisse abgesagt worden sei. Über diesen Entscheid waren wir nicht überrascht, denn wir wussten, dass sich das Wetter verschlechtert. Also mussten wir auch nicht lange überlegen, was zu tun ist. Wir starteten den Motor unseres Campers und machten uns auf den Weg zum Milford Sound. Unterwegs stoppten wir an schönen Aussichtspunkten, wie z.B. dem Mirror Lake, einem See, in dem sich die Bergkette spiegelt. Nach 120 Kilometer erreichten wir den Fjord, der jährlich von hunderttausenden Touristen besucht wird. Wir hatten ein perfektes Timing und konnten sogleich ein fast leeres Schiff besteigen, das die schönsten Stellen im Milford Sound ansteuert. Der 15 Kilometer lange Fjord gehört zum UNESCO Weltnaturerbe. Als erstes kamen wir an den Bowen Falls vorbei, die sich aus 161 Meter in die Tiefe stürzen. Der Mitre Peak, als Wahrzeichen im Sound, war eingepackt von Regenwolken. Am Copper Point hatten wir das Vergnügen etwa ein Dutzend Robben zu beobachten. Doch die faule Bande hängte nur so rum. Ist auch verständlich bei dem Sauwetter. Am Dale Point fuhren wir in das Tasmanische Meer hinaus. Der Kapitän wendete das Schiff und wir fuhren auf der gegenüberliegenden Uferseite zurück in den Fjord. Wie es der Name schon sagt, lagen auf dem Seals Rock nochmals ein paar Robben. Aber auch die waren wohl hundemüde. Am 155 Meter hohen Stirling Fall fuhren wir so nahe an den Wasserfall, dass wir ziemlich nass wurden. Nach einem kurzen Halt am Unterwasser Observatory fuhren wir zurück in den Hafen. Trotz des Regens hatte uns die Fahrt im Milford Sound sehr gefallen. Bestimmt wäre es an einem sonnigen Tag noch schöner gewesen. Doch dann wären wir auch nicht fast alleine auf dem Schiff gewesen. Auf der Rückfahrt waren die gewaltigen Felswände übersät von weissen Wasserfällen, die überall runter flossen. Zurück in Te Anau, wo dann auch die Sonne mal wieder schien, konnten wir sagen, trotz des abgesagten Fluges, war es ein schöner Tag.