USA Detroit / Chicago / USA Norden

03.01.11 - 08.01.11

Detroit

Zwischen Windsor Kanada und Detroit Amerika passierten wir die Grenze am späteren Abend. Natürlich dauerte das so seine Zeit am Zoll, bis alle Fragen beantwortet wurden und das Gepäck begutachtet. Doch dann machten wir uns auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Die ersten beiden Angebote vermochten uns nicht zu überzeugen. So ging die Suche weiter. An einem recht hohen Gebäude leuchtete der Schriftzug „Casino-Hotel“. In Las Vegas und Phoenix hatten wir betreffend Preis-/Leistungsverhältnis in Casino Hotels ja gute Erfahrungen gemacht. So mussten wir nochmals nachfragen wie hoch der Preis für die Übernachtung sei. Ein sensationelles Angebot! Nicht lange überlegen und gleich einchecken. Bei der Frage, welches Stockwerk es denn sein sollte, sagten wir gleichzeitig: möglichst hoch. Auf der zweithöchsten Etage, im 29. Stock, öffneten wir die Zimmertür und fanden ein Traumzimmer vor. Da kommt Freude auf! Unsere Theorie ging perfekt auf. Weshalb viel für ein gutes Hotel bezahlen, wenn man im Casino das Feinste vom Feinen so günstig bekommt?! Im Gegenzug beglückten wir natürlich die einarmigen Banditen mit ein paar Dollars (bereits im Voraus abgebucht). Das Glück war diesmal leider nicht auf unserer Seite, aber wir hatten unseren Spass. Am anderen Morgen genossen wir ein Frühstücksbuffet der extra Klasse. Es fiel uns richtig schwer weiter zu ziehen. Gerne hätten wir dieses Hotel adoptiert!

Motor City, wie Detroit auch genannt wird, beheimatet die drei grössten US-Automobilhersteller Ford, General Motors und Chrysler. Bedeutendster Automobilbauer war Henry Ford, der 1903 die Ford Motor Company in Detroit gründete. Bereits 1918 war jeder zweite Wagen in Amerika ein Ford Modell T, produziert in Detroit. Doch die Blütezeit dieser Stadt ist schon ein bisschen her und die Finanzkrise hat auch so seine Spuren hinterlassen. Leer stehende und verfallene Gebäude müssen nicht lange gesucht werden. Wir fuhren an etlichen Ruinen vorbei, unweit von Downtown. Auf dem Weg nach Toledo fuhren wir an Werken von Ford, Chrysler und Jeep vorbei.

Chicago

Am 17. September 2010, als wir unsere Reise starteten, war Chicago die erste Station in den Vereinigten Staaten, bevor wir weiter nach Seattle flogen. Nun waren bereits 111 Tage vergangen und wir kamen zurück nach Chicago, jedoch mit dem Auto. Als wir mit dem Flugzeug über den Lake Michigan die Stadt anflogen, sahen wir die faszinierende Skyline und wussten, dass wir im Januar hierher zurück kommen werden. Gespannt darauf was die Stadt zu bieten hat, machten wir uns auf Erkundungstour. Um es vorweg zu nehmen, die Stadt ist Hammer! Der Willis Tower, wie der Sears Tower neuerdings genannt wird, war unser erstes Ziel. Im 103. Stockwerk, dem Sky Deck, auf einer Höhe von 412 Meter verschafften wir uns einen Überblick der Stadt von oben. Zwischen dem Willis Tower und dem Lake Michigan reihen sich unzählige Hochhäuser aneinander. Darunter ragt auch das John Hancock Center mit zwei Antennen 457.2 Meter in die Höhe. Der Willis Tower selbst mit ebenfalls zwei Antennen erreicht eine Höhe von 527.3 Meter und ist der höchste Wolkenkratzer in den Vereinigten Staaten und fünft höchstes nicht abgespanntes Bauwerk der Erde. Nach der Vogelperspektive ging es zurück in die Häuserschlucht. Zwischen den Gebäuden fährt die innerstädtische Hochbahn auf einer Metallträgerkonstruktion über den Strassen, ein für uns nicht alltäglicher Anblick. Das Art Institute of Chicago gehört zu den bedeutendsten Kunstmuseen auf dem Globus. Da wir von Kunst so viel verstehen, war die Betrachtung wunderschön, von aussen. Am Navy Pier am Lake Michigan zogen wir mal wieder von Giftshop zu Giftshop und deckten uns noch mit ein paar Andenken ein. An der Magnificent Mile, ein Teilstück der Michigan Avenue, liefen wir vom John Hancock Center an ein paar weiteren interessanten Gebäuden vorbei, wie der Old Water Tower (altes Wasser Pumpwerk), Chicago Tribune Tower (Zeitungsverlag Chicago Tribune) und das Wrigley Building (Kaugummi). Amerika und Harley Davidson sind Dinge, die einfach zusammen gehören. So besuchten wir in der Stadt, wo die Mother Road Route 66 beginnt, einen Harley Davidson Motor Cycles Store (das wäre auch mal eine Reise, mit dem Motorrad von Chicago nach Los Angeles über die 3‘939.67 Kilometer lange Route 66).

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Das stimmt so nicht ganz! Die Route 66 hat ebenfalls zwei Enden! Am 7. November 2010 haben wir auf dem Pier in Santa Monica das Strassenschild der Route 66 mit der Aufschrift „Santa Monica - 66 - End of the Trail“ (bildlich festgehalten) gesehen. Nun, zwei Monate später in Chicago, machten wir uns auf die Suche nach dem Anfang der Route 66. Ein paar Meter vor der Kreuzung Jackson Boulevard / Michigan Avenue in Fahrtrichtung Lake Michigan fanden wir das Schild „END Historic Route Illinois US 66“. Somit wäre bewiesen, dass nebst der Wurst die berühmte Strasse Route 66 ebenfalls zwei Enden hat. Grundsätzlich ist aber das Strassenende direkt vor dem Lake Michigan, an der Kreuzung Jackson Boulevard / Lake Shore Drive, etwa 500 Meter nach diesem „END“ Schild. Dort befindet sich der Buckingham Brunnen, der als Startpunkt der Route 66 bezeichnet wird. Mit ca. 5.7 Millionen Liter Wasser ist es der grösste beleuchtete Springbrunnen der Welt. Viele von uns kennen den Brunnen aus dem Vorspann der bekannten Fernsehserie „Eine schrecklich nette Familie“ mit Al Bundy, die in einem Vorort von Chicago spielt. Das Anfangsschild der Mother Road konnten wir leider nicht finden. Da der Jackson Boulevard ab der Michigan Avenue eine Einbahnstrasse ist, steht das Anfangsschild scheinbar an der Adams Street. Doch wie uns der netteste Cop von Chicago erzählte, ist der „eigentliche“ Anfang auf dem Interstate 55. Der Cop kam auf uns zu, als er sah, dass wir ein Florida-Nummernschild am Auto haben, denn er hat eine Eigentumswohnung in Fort Myers Beach.

O’Hare International Airport war unser nächstes Ziel. Nicht um weiter zu fliegen, aber unser Dodge brauchte neues Öl. Allen, der Manager von Alamo, schlug uns vor, die Wartezeit im Flughafengebäude zu überbrücken. So fuhren wir mit dem Alamo/National Bus zum Terminal 5, zufällig direkt vor den Swiss Check-In Schalter (da kommen Heimatgefühle auf!). Wir vertrieben uns die Zeit mit Shopping und fuhren eine Stunde später wieder mit dem Bus zur Autovermietstation zurück. Auf dem zweitgrössten Flughafen der Welt, mit jährlich über 70 Millionen Fluggästen bei ca. 900‘000 Flugbewegungen, hatten wir die Ehre, dass uns der Buschauffeur direkt vor unseren blauen Dodge fuhr. Wir verabschiedeten uns bei ihm mit einem kräftigen Händedruck. Mit der Skyline im Rücken verliessen wir die Stadt der Superlative. Aber wir kommen bestimmt wieder zurück!

Seit Beginn unserer Reise sammelten wir 25 Cent Münzen, Quarter Dollar. Eine Sonderserie, die in den Jahren 1999 bis 2008 geprägt wurde, zeigt auf der Rückseite je ein Motiv der 50 US-Bundesstaaten. Die normale Prägung zeigt auf der Vorderseite George Washington und auf der Rückseite den Bald Eagle, den Weisskopfseeadler. Mittlerweile hatten wir die Münzen von 49 Staaten zusammen, nur Illinois fehlte uns. Da sich Chicago im Bundesstaat Illinois befindet, waren wir guter Hoffnung, diesen letzten Quarter da noch zu finden. Wir forcierten die Sammelaktion durch zusätzliche Viertel Dollar Zukäufe bei Banken. Bisweilen hatten wir 320 Stück, das heisst 80 Dollar, erfolglos gewechselt. Bei einem Rast auf dem Interstate 94 in Wisconsin liefen wir an einem Spielautomaten vorbei, der 25 Cents Münzen auf einer beweglichen Plattform hin und her schiebt. Schnell schauten wir nach, ob sich da ein Illinois Quarter befindet. Hurra! Fast zuvorderst auf der Kante lag die gesuchte Münze. Wir nahmen unsere Geldreserven hervor und spielten um das fehlende Stück. Mit Glück und etwas Geschick platzierten wir die Münzen so, dass die Illinois-Münze immer weiter nach vorne geschoben wurde. Immer wieder fielen Münzen über die Kante hinunter, die wir zwar zum weiter Spielen verwenden konnten, doch das Objekt der Begierde lag immer noch oben drauf. Dann, der richtige Moment war gekommen. Die Illinois-Münze wurde so weit über die Kante geschoben, dass sie das Gleichgewicht verlor und hinunter fiel. Yes, we got it! Doch als Isabella die Münze aus der Wanne nehmen wollte, war diese leer. Sie griff nach, aber wieder ins Leere. Auch Jürg musste sich von der Leerheit der Wanne überzeugen. Bei genauer Betrachtung des Spielautomaten sahen wir, dass ein Zwischenspalt oberhalb der Auffangwanne den Quarter zum Verschwinden brachte. Das kann ja nicht sein! Genau diese Münze musste dort hineinfallen. Wir fragten beim Personal nach, ob man uns den Automaten öffnen könnte. Doch diese haben keinen Schlüssel dazu, denn der Betreiber ist eine externe Firma. Super! Ziemlich sauer verliessen wir die Raststätte ohne den 50igsten Bundesstaat. Ein paar Stunden später checkten wir in einem Hampton Inn Hotel ein. Isabella fragte, ob sie Quarter für den Waschautomaten hätten und erzählte von dem fehlenden Stück. Die charmante junge Lady öffnete die Kasse und schaute alle Münzen nach. Und siehe da, sie hatte den fehlenden Bundesstaat Illinois! Der Tag war gerettet! An Weihnachten in New York kauften wir uns bei einem Strassenverkäufer an der Wall Street ein Sammelband für diese Sonderprägung - nun ist sie komplett.

Norden USA

Der Interstate 94 in Wisconsin und Minnesota war eigentlich recht gut zu befahren, wenn man bedenkt, dass es Minus 10 Grad ist und eine Schicht Schnee das Land bedeckt. Wir waren noch keine Stunde unterwegs, als wir plötzlich zwei Autos, eines davon auf dem Dach, im Graben zwischen den beiden Fahrspuren liegen sahen. Da schiesst der Puls schlagartig in die Höhe. Sehr wahrscheinlich passierte dies am Morgen früh oder in der Nacht. Auf jeden Fall waren die Fahrzeuge bereits von der Polizei gekennzeichnet. Wir setzten unsere Fahrt fort. Doch schon bald darauf stand wieder ein verlassenes Auto am Strassenrand. Die Serie von Pannenfahrzeugen verteilte sich über den ganzen Tag hinweg. Mittlerweile waren wir an weit mehr als 10 Autos vorbei gefahren, die irgendwo neben der Strasse standen. Immer wieder kam es zu Schneeverwehungen auf der Strasse. Der Schnee war fast wie „Canadian Powder“, leicht wie Puderzucker. Die Fahrbahn war schon seit langem trocken und daher war es problemlos mit diesen Verwehungen zu fahren. Doch kurz vor unserem Etappenziel ereignete sich unmittelbar vorher ein weiterer Unfall. Ein Auto auf der rechten Spur lag auf dem Dach und ein Lastwagen, der rechts ab der Strasse kam, steckte tief im Schnee. Die Abschleppdienste hatten an diesem Tag alle Hände voll zu tun. Wir hoffen, dass niemandem etwas ernstes zugestossen ist. Natürlich hoffen auch wir, dass unser Trip im Norden USA und in Kanada ohne Panne weiter geht.

Bei strahlendem Sonnenschein verliessen wir das Hotel in North Dakota in Richtung kanadische Grenze. Soweit wir sehen konnten war der Himmel blau und keinen Hügel oder Berg hätten wir ausmachen können. Die Gegend hier ist topfeben und nur mager besiedelt. Nach gut zweieinhalb Stunden Autofahrt erreichten wir zum zweiten Mal auf unserer Reise die kanadische Grenze. All die vielen Fragen der Zöllnerin konnten wir problemlos beantworten. Doch war der Weg in das Land mit dem Ahornblatt auf der Flagge nicht frei zugänglich für uns. Sie beorderte uns an den Schalter im Zollamt, um uns beim Immigration Officer zu melden. Weshalb war und ist uns nicht klar, aber was soll‘s. Also meldeten wir uns im Office an (über 10 Uniformierte und keiner arbeitete). Man stellte uns nochmals viele Fragen, wie z.B.: wo wir wohnen, was wir machen, woher wir kommen, wohin wir gehen, was wir dort machen, weshalb und wieso und sowieso, wie viel Geld wir dabei haben. Also eigentlich alles, ausser die Konfektionsgrösse der Grossmutter, die interessierte niemand. Nach kurzer Wartezeit erhielten wir unseren Pass mit einem neuen Einreisestempel zurück. Wir bedankten uns höflich für die Einreisegenehmigung und beim Verlassen des Gebäudes scherzten wir noch darüber, ob wir diesmal auch wieder einen Stempel mit Datum von gestern hätten. Im Auto öffneten wir unsere Pässe und siehe da, nicht der 8. Januar sondern der 7. Januar wurde eingetragen. Wir konnten uns nicht mehr halten vor Lachen. So stellte sich nun die Frage: Sind die Kanadier generell einen Tag hinter dem gregorianischen Kalender, muss das so sein oder war das Zufall wie bei der ersten Einreise? Wir getrauten uns aber nicht zurück um nachzufragen, sonst hätten ja vielleicht hundert weitere Gegenfragen folgen können. Wir waren ja froh in Manitoba zu sein. Der Name der kanadischen Provinz leitet sich von „Manitou bou“ ab, was „der Engpass des grossen Geistes“ heisst und sich auf den 200 Kilometer langen Manitoba See bezieht, der in der Mitte nur knapp einen Kilometer breit ist.

Wenn es beim Besuch der Hauptstadt Winnipeg nicht ringsherum so weiss gewesen wäre, hätte man glauben können, wir befinden uns mitten in der Wüste. Nicht der Temperatur wegen, aber auf den Strassen lag so viel Sand, dass man hätte Burgen bauen können. Bei nächtlichen Temperaturen zwischen -20 und -30 Grad ist Sand das einzige wirkungsvolle Mittel gegen Schnee und Eis. Willkommen im kanadischen Winter!