Karijini NP

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07.06.19 - 10.06.19

Karijini Nationalpark

Es war noch stock dunkle Nacht, als uns der Wecker aus dem Tiefschlaf riss. Zuerst dachten wir, sind wir zu früh? Nein, es war 06:00 Uhr und Zeit, den Tag jetzt anzugehen. Wir verschieben heute von Coral Bay nach Tom Price (612 km) und der Wetterbericht kündigte nebst möglichem Regen auch Wind an. Gut eine Stunde später starteten wir wie immer mit einem frischen Kaffee unseren Trip nach dem Motto «hit the road»! Auf den ersten 150 km waren wir mba (musbeiallei) unterwegs, was auch seinen Vorteil hat. Man nimmt die Mittellinie als Orientierungslinie und fährt mitten auf der Strasse. Das macht das Fahren viel einfacher, vor allem bei diesem Seitenwind. Der Aufbau unseres Campers kommt bei diesen Windverhältnissen dem Segel eines Segelschiffes ähnlich. Das heisst dann auch, unsere Reisegeschwindigkeit verringert sich etwas. Weit vorne am Horizont sahen wir in der Morgensonne eine tiefstehende undefinierbare Wolke. Sukzessive näherten wir uns diesem ungewöhnlichen Phänomen. Unsere Vermutung lag bei einem Sandsturm oder Feuer, wobei zweites recht suboptimal wäre. Je näher wir kamen und das Tempo verringerten, desto klarer wurde uns, dass es sich um einen Sandsturm handelt. Die Strasse war zum Glück immer noch gut erkennbar und wir fuhren in die Sandwolke rein. Nach etwa 5 Minuten verminderter Sicht und sandgestrahltem Lack des Campers, waren wir durch und die Fahrt konnte wieder normal fortgesetzt werden. Was wir noch nicht wussten, es wird heute nicht der letzte Sandsturm sein.

Die Landschaft wird wieder interessanter und abwechslungsreicher. Erste Hügelzüge sind erkennbar, aus dem roten Sand spriessen grüne Büsche und kleine Bäume, dazwischen gelb verdörrtes Gras und ein nur knapp blauer Himmel bilden einen tollen Kontrast. Mittlerweile fahren wir wieder auf den Highway 1, als wir ein uns bekanntes Schild sahen, darauf stand: ROYAL FLYING DOCTOR SERVICE! Das will heissen, der Highway dient auch als Lande- und Startbahn für die ärztliche Versorgung dieser gottverlassenen Gegend. Muss noch recht speziell sein, wenn ein Flugzeug des Typs Pilatus PC24 einem auf der Autobahn entgegenkommt und zur Landung ansetzt. Was auch noch lustig ist, sind die vielen Brücken, die gebaut wurden über Flussbette, die gar kein Wasser führen. Was nicht mehr lustig wäre, wenn auf diesen Brücken Fischer beim Angeln stehen würden, denn dann wären wir in Österreich (ha, ha, ha und sorry an unser Nachbarland). Nein, einmal im Jahr während der Regenzeit wird die Gegend geflutet und dann stehen riesig grosse Flächen unter Wasser.

Auf den verlassenen Strassen in Australien grüsst man jedes entgegenkommende Fahrzeug; eine wirklich coole Geste. Wir sind gespannt, wie doof die Leute zu Hause schauen werden, wenn wir auf den Weg zur Arbeit jedem Fahrzeug winken...

Nach 612 km, 3 Tankstopps und 8,5 Stunden Fahrt erreichten wir Tom Price in der Pilbara Region. Die Stadt auf 747 M.ü.M. ist die höchst gelegene Stadt von Western Australia. Die 1960 gegründete Stadt mit knapp 3‘000 Einwohnern wurde nach Thomas Moore Price (1891-1962) benannt, welcher die riesigen Eisenerz-Vorkommnisse entdeckte. Heute ist die Stadt unter Kontrolle einer der grössten Minen Unternehmungen der Welt; Rio Tinto.

Wir hatten gerade unser Motorhome parkiert und die Frischwasser-Zufuhr angeschlossen, als zu unserer Begrüssung ca. 40 Galah (Rosakakadu) aufmarschierten. Die zur Gattung der Papageien gehörenden Vögel mit rosa und grauem Federkleid gehören zu den intelligenteren Tierarten. Gerne hätten sie etwas zum Futtern gehabt, begnügten sich dann aber mit dem Wasser ab dem tropfenden Wasserhahn. Denn das wissen sie ganz genau, dass es beim Wasserbunkern von Neuankömmlingen immer etwas ab dem Hahn zu schlucken gibt. Ganz tolle Tiere!

Anschliessend wollten wir die Infrastruktur auskundschaften. Es blieb beim wollen, denn wir kamen nicht weiter als bis zu unseren Nachbarn, welche mit demselben Camper unterwegs sind wie wir. Tina, Robert und Lea luden uns auf ein, zwei, drei Bier bzw. Prosecco ein und so kam es wie es kommen musste, wenn man mit gastfreundlichen Leuten aus Bayern zusammensitzt. Das Nachtessen hätten wir vor lauter Schwatzen fast verpasst. Doch die beiden Herren schnappten sich die Fleischvorräte und starteten ein BBQ. Leider war die Grillmatte von Jürg wohl nicht geeignet für den Gasgrill mit offener Flamme, so dass nach kurzer Zeit der Grill in Flammen stand. Ohne grosse Hektik hatten die beiden Grillmeister die Situation in kürzester Zeit wieder unter Kontrolle. (Anm. der Lektorin: Der Grill stand in Flammen und wir Frauen waren uns nicht sicher, ob nicht gleich der ganze Grillstand abfackelt). Nachdem der Rauch und der Gestank einmal quer über das ganze Gelände gezogen war, konnte das Fleisch doch noch auf den Garpunkt gebracht werden. Das Essen genossen wir draussen zwischen unseren beiden Fahrzeugen. Wir hatten einen ganz tollen und unvergesslichen Abend mit unseren Nachbarn. Vielleicht treffen wir uns nochmals auf der weiteren Reise, wer weiss wohin die Wege führen. Das wäre ganz toll.

Pete West ist der Mann, der uns helfen konnte! Und so stand er am Morgen um 08:30 Uhr mit einem Toyota Land Cruiser, 4 WD, auf dem Campingplatz. Um die wirklichen Perlen des Karijini Nationalpark erkunden zu können, braucht es ein Offroad Fahrzeug. Es war nicht einfach ein Fahrzeug zu finden. Doch via Visitor Center bekamen wir die Nummer von Pete und reservierten dieses Auto ein paar Tage im Voraus. Nachdem wir die Formalitäten und die Zahlung erledigt hatten, machte uns Pete einen Tourenvorschlag. Das Wetter heute war leider nicht wirklich so gut sowie regnerisch. Auf Grund dessen machte er uns den Vorschlag, am ersten Tag den Osten zu erkunden, am zweiten Tag den mittleren Teil und dann am letzten Tag den Westen des Karijini Nationalparks. So starteten wir und nahmen die 100 km zum Dales Gorge unter die Räder. Eine rote, ca. 100 Meter tiefe Schlucht dieser Dales Gorge. Wir besuchten die Fortescue Falls, die über kleine Kaskaden, über die tiefroten Steine in den grossen Pool fliessen. Weiter Flussaufwärts gelangten wir dann zum Fern Pool, ein Wasserloch zum Baden, aber doch etwas zu kalt. Anschliessend fuhren wir zum Circular Pool Lookout. Tief unten in der Schlucht hat es einen kreisrunden Pool. Die Felswände ringsherum sind praktisch senkrecht und bilden quasi einen schützenden Kreis um den Teich. Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit und dem leichten Regen verzichteten wir darauf, in die Schlucht hinabzusteigen. Kurz vor Eindunkeln erreichten wir Tom Price und wir genossen ein ausgiebiges Nachtessen beim Chinesen.

Tag 2 im Karijini Nationalpark und unser Ziel lag im mittleren Teil des Parks; Weano Gorge, welcher auch ca. 80 km von Tom Price entfernt liegt. Heute kam unser 4 WD Toyota mal so richtig zum Einsatz. Die letzten paar Kilometer fuhren wir auf einer ungeteerten Strasse mit dem typischen Waschbrett Belag. Entweder man fährt ganz langsam oder man drückt etwas aufs Pedal. Wir entschieden uns für Variante 2. Beim Oxer Lookout staunten wir über das weit verzweigte Schluchtensystem im eisenerzhaltigen dunkelroten Gestein. Anschliessend mussten wir uns entscheiden, in welche der beiden Schluchten, Hancock Gorge oder Handrail Pool, wir hinabsteigen sollen. Nachdem wir die Beschreibungen für die beiden Abstiege sowie den Schwierigkeitsgrad der Routen mit 5 von 5 gelesen hatten, zweifelten wir daran, überhaupt irgendwo hinabzusteigen. Als aber eine Familie mit zwei kleinen Kindern ohne zu zögern die ersten Stufen beim Weano Gorge, welcher zum Handrail Pool führt, in Angriff genommen hatte, sagten wir zueinander: o.k., gehen wir mal soweit wir kommen. Ja, wir kamen weit in der Schlucht. Nach etwa 45 Minuten erreichten wir eine knapp 1,5 Meter breite und 10 Meter lange Passage, die quasi an einem Handlauf (Handrail) endete. Etwa 4 Meter unter uns eröffnete sich dann der ca. 20 Meter kreisrunde Pool, der Handrail Pool. Für die letzten paar Schritte hinab zum Wasserbecken hielten wir uns am Handlauf fest und stiegen in eine paradiesische Bucht hinein. Die Sonne schien in steilem Winkel durch die enge Schlucht in den Pool. Es sah aus, wie in einer fremden Welt, ein ganz toller Anblick. Hinsetzen und einfach nur geniessen, so hatte es uns Pete empfohlen und so hatten wir es auch gemacht. Wir sind so froh, dass wir dieser Familie gefolgt sind. Ansonsten wären wir vielleicht gar nicht hinabgestiegen und hätten diesen wundervollen Fleck auf Erden nicht erlebt. Die Wegbeschreibung mit Kletterpartien usw. ist natürlich völlig korrekt, doch für ein Volk, das quasi in den Schweizer Bergen aufgewachsen ist, war es ein besserer Spaziergang. Nachdem wir auch noch den Knox Gorge und den Joffre Falls Lookout (leider ohne Wasser) gesehen hatten, machten wir uns wieder auf den Weg zurück nach Tom Price. Sehr spontan suchten wir die Windawarri Lodge auf. Da wir den ganzen Tag nichts gegessen hatten, kam uns ein «all-you-can-eat-Buffet» für AUD 19.50 (CHF 14.00) gerade willkommen. Den Tipp gab uns ebenfalls Pete. Bei der besagten Lodge handelt es sich um die Kantine der Minenarbeiter der Rio Tinto, welche aber öffentlich zugänglich ist. Die Quantität des Buffets übertraf die Qualität problemlos, was aber bei diesem Preis auch völlig akzeptabel ist. Ein Erlebnis war es auf jeden Fall, zusammen mit den Arbeitern aus der Mine zu essen.

Plattfuss in Australien! Wir haben Bud Spencer mächtig etwas voraus. Er hatte nur Plattfuss am Nil oder in Afrika oder in Hong Kong, jedoch nie in Australien. So, jetzt aber schön der Reihe nach. Der heutige Tag brachte uns in den westlichsten Teil des Karijini Nationalpark. 2/3 der Strecke fuhren wir auf einer Piste. Das wären dann 50 km auf rotem, trockenem Schotter, welcher aber recht gut unterhalten waren. Zeitweise konnte man mit mehr als 80 km/h über das sanfte Waschbrett gleiten. Roadtrains kündeten sich schon einige Kilometer im Voraus an. Die Staubwolken waren von weitem zu sehen und wenn sie dann an uns vorbei gebrettert waren, sah man längere Zeit nichts mehr. Wir erreichten mühelos den Hamersley Gorge, welcher mit Pools und extrem farbigen Felsen ein Highlight des Parkes ist. Die Badesachen hatten wir zwar mitgenommen, doch die Chance baden zu gehen stand sehr gering bei Wassertemperaturen von deutlich unter 20 Grad. So stiegen wir in die Schlucht hinunter und genossen den Anblick des Pools und der weiterführenden Lagune. Unser Autovermieter Pete empfahl uns den Spa Pool zu besuchen. Die Rezeptionistin auf dem Campingplatz sagte uns, dass man zum Pool schwimmen muss und das Wasser sehr kalt sei. So standen wir am Grund der Schlucht und wollten eigentlich doch wissen, wo der Spa Pool ist und wie dieser aussieht. So kletterten wir den Kaskaden entlang hoch und kamen bald zu einem etwa 20 Meter langen See. Ein Paar, das eben sein Bad beendet hatte, bestätigte uns 1. man kann hier schwimmen, 2. es ist nicht so kalt, dass man zu Eis erstarrt, 3. es hat keine hungrigen Viecher im Wasser und 4. der Spa Pool ist am Ende des Sees. So jetzt hatten wir jetzt echt ein Entscheidungsproblem. Ja, man könnte, wenn man möchte und nein, es ist mit kalt, nass und umziehen verbunden. Jürg war bald mal davon überzeugt, dieses Opfer zu erbringen, um einmal in diesem Spa Pool gebadet zu haben. Isabellas Neugier besiegte die Vorbehalte und wir schwammen durch den kleinen See und stiegen an dessen Ende in den Spa Pool. Eine ausgewaschene Felsgrotte mit etwa 3 Meter Durchmesser, einem kleinen Wasserfall und Blick auf den vorgelagerten See und die Schlucht. Grossartig, was die Natur hier geschaffen hat - in Millionen von Jahren. Die Sonnenstrahlen auf der kühlen Haut waren ein Segen. Wir kletterten wieder zum Ausgangspunkt hinunter, um dann am Rand der Schlucht wieder hochzusteigen. Dabei bestaunten wir die farbigen und wie Cremeschnitten geschichteten Felsen. Rot, schwarz, grau, violett, gelb. Also eigentlich die ganze Farbpalette kann hier bestaunt werden. Die Rückfahrt spielte sich gleich ab wie am Morgen. Auf der Piste am besten anhalten, wenn die Trucks kommen, ansonsten ganz normal fahren. Zurück auf dem Strassenbelag, den wir am besten beherrschen, fuhren wir die letzten 26 Kilometer auf geteerter Strasse. 200 Meter vor der Tankstelle in Tom Price fühlte sich das Fahrverhalten an wie auf dem Waschbrett. Vielleicht sind dies Spuren der bremsenden Roadtrains im abschüssigen Asphalt . Dies die Erklärung zu den Erschütterungen an unserem Toyota. Doch Isabella hatte das Gefühl, dass das Steuern des Wagens beeinträchtigt sei. Ein kurzer Stopp am Strassenrand bestätigte unsere düstere Vermutung; hinten links Plattfuss...

Sehr doof! um es milde auszudrücken. Doch die Tankstelle war in unmittelbarer Nähe und wir retteten uns dorthin. Als erstes informierten wir Pete. Er war ebenfalls unterwegs, konnte aber bereits 10 Minuten später einen Augenschein werfen. Er hatte noch Kundschaft mit im Auto, die er zurück ins Hotel brachte. Danach holte er uns ab, brachte uns zu Coles, damit wir noch Lebensmittel einkaufen konnten. In der Zwischenzeit kümmerte er sich um unseren defekten Reifen. Etwa eine Stunde später war der Schaden behoben und der neue Pneu war angebracht. Alles in allem hatten wir gut 1,5 Stunden verloren, waren aber riesig froh, dass dies direkt in der City passierte und nicht irgendwo in der Pampa ohne Natelempfang. Somit waren wir mit dem Ausgang des Tages sehr froh. Nach dem Nachtessen kam Pete vorbei, um den Wagen wieder abzuholen. Wir nahmen zusammen noch einen Jack Daniels und besprachen unsere Pläne rund um die Gibb River Road. Er war jahrelang Tourguide in der Kimberley-Region und kennt die Gegend bestens. Er gab uns noch einige Tipps und meinte, unsere Pläne wären perfekt. Dann sind wir ja gespannt, auf das, was noch kommt. Apropos kommt, die Gegend im Karijini Nationalpark hat uns sehr gut gefallen. Da könnte man problemlos nochmals vorbeikommen und einige Tage hier verbringen.