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27.05.19 - 31.05.19

Westküste

Das morgendliche Bad im warmen Jacuzzi starten; das hatten wir noch nie auf einem Campingplatz. Weltklasse. Diese Infrastruktur müssten wir fast mitnehmen, das würde das Camper Feeling massiv aufwerten. Der Besuch eines Wildlife Parks in der Nähe startete mit gemischten Gefühlen. Denn was als Wildtier Park angepriesen wird, entspricht zu Hause einem Zoo und wir sind der Meinung, die Tiere gehören in die Freiheit oder dann zumindest in ein angemessenes Gehege. Aber Vögel in so kleinen Volieren zu sehen, ist grausam. Zumindest hatten die Kängurus einen recht grossen Auslauf und genügend Möglichkeiten, sich zurück zu ziehen. Obwohl wir mit Reptilien nicht viel anfangen können, wir aber dennoch wissen wollten, was uns auf der Reise in Richtung Norden noch erwarten wird, gingen wir in das Reptilienhaus. Gespannt schauten wir all die Tiere an, die giftig, wenig giftig oder sonst irgendwie gefährlich sind, genauer an. Schlangen, Spinnen, Frösche, Echsen und sonstige Viecher waren in den Terrarien zu bestaunen. Als wir zu hinterst angelangt waren und wir uns quasi in einer Sackgasse befanden, gab es einen dumpfen Knall. Wir zuckten zusammen und mussten uns ganz kurz wieder sammeln, was denn da los ist und wie viele dieser giftigen Tiere sich nun auf uns stürzen würden. So schlimm war es dann zum Glück nicht. Eine Echse mit ca. 60 cm Länge war in ihrem Gehege von einem Podest heruntergefallen. So ein Vollpfosten, uns so zu erschrecken! Nachdem sich die Herzfrequenz gesenkt hatte, verliessen wir eilig das Reptilienhaus und zogen weiter.

Gute zwei Stunden dauerte die Fahrt in den Nambung Nationalpark. Übrigens nach zwei Wochen im australischen Strassenverkehr und 3‘500 zurückgelegten Kilometern hat Jürg das Horn noch nie gebraucht. Das grenzt fast an ein Wunder. Denn zu Hause vergeht praktisch kein Tag ohne das akustische Zubehör. Es liegt daran, dass hier sehr diszipliniert gefahren wird und niemand im Stress ist. Zeitlich waren wir wieder einmal eher sehr knapp dran, doch wir hatten Glück, dass wir noch Zugang zu den Pinnacles erhielten. Die Pinnacles sind bizzarre Kalkstein Formen in einer Sandwüste. Der Vorteil unserer sehr späten Anreise war, dass mit tiefem Sonnenstand die Lichtverhältnisse am besten sind. Nachdem die Sonne untergegangen war erreichten wir unser Zwischenziel Cervantes.

Der neue Tag startete nicht wunschgemäss, aber vielleicht doch besser, als es hätte sein können. Das Ganze hat eine Vorgeschichte. Am vergangenen Abend, nachdem wir auf dem Campingplatz eingecheckt hatten, startete der Motor unseres Campers nicht mehr. Das hatten wir vor etwa 5 Tagen schon einmal. Damals mussten wir ca. 30 Mal den Zündschlüssel drehen, bis der Motor ansprang. Nachdem wir nun auch etwa 50 Mal ein/aus, Schlüssel rein, Schlüssel raus gemacht hatten, startete der Motor wieder. Dieses Phänomen hatten wir nun aber auf Video aufgezeichnet, damit wir das dem Camper-Vermieter übermitteln bzw. einem Fachmann zeigen können. Wir hatten bereits gestern Abend telefonischen Kontakt mit dem Vermieter und das Video per E-Mail übermittelt. Heute Morgen machten wir als erstes einen erneuten Anruf, nahmen Bezug auf den gestrigen Abend und innerhalb von ein paar wenigen Minuten hatten wir eine Terminvereinbarung bei einem Mechaniker 20 Kilometer weiter nördlich. Kurze Zeit später standen wir mit unserem Fahrzeug in der Werkstatt. Wir zeigten dem Fachmann unser Video und erklärten ihm, was passiert war. Er stellte uns in Aussicht, das bestmögliche zu tun, er jedoch nur geringe Chancen für eine Lösung sehe, da das Problem innerhalb von 14 Tagen zweimal sehr zufällig auftauchte. So war es denn auch, als er uns nach ca. 45 Minuten den Schlüssel zurück gab. Es ist nichts Offensichtliches zu erkennen; vielleicht ein Wackelkontakt, man weiss es nicht. Na ja, wir hatten eigentlich auch kein besseres Resultat erwartet. Aber dennoch gut, dass sich ein Fachmann dem Problem angenommen hat. Wir werden nun sehen, ob uns der Camper stehen lässt oder nicht. Diese Geschichte ist wohl noch nicht zu Ende. Zu allem Ärger kackte uns in der Nacht eine Horde Vögel die ganze Motorhaube voll, so dass wir gut 20 Minuten lang die Front unseres Wagens reinigen mussten.

In Jurien Bay genossen wir dann den traumhaften Sandstrand und hielten mal wieder die Beine ins Wasser, was immer noch relativ kalt war. Anschliessend fuhren wir nach Geraldton auf einen Campingplatz, auf dem wir vor 8 Jahren schon waren. Same place, same style.

Knusper Knusper Knäuschen, wer rüttelt an meinem Häuschen?! Es war weder das Rotkäppchen noch die sieben Zwerge, es war der Wind, das himmlische Kind. Zum Teufel nochmal, es rüttelte unseren Wagen durch und tönte fürchterlich von draussen. Wir denken, die Gegend von Geraldton muss bekannt sein für starke Winde, denn die Bäume in den Felder stehen oftmals in einem Winkel von 45 Grad zur Erde. Wir gehen nicht davon aus, dass die Aussies die Bäume absichtlich halb liegend pflanzen. Wovon diese Variante wäre vielleicht genauer zu prüfen, denn die Früchte würden dann deutlich tiefer hängen, was die Ernte massiv vereinfachen würde! Also, in den frühen Morgenstunden wurde unser Camper massiv durchgeschüttelt, so dass wir uns überlegten, die Weiterfahrt zu verzögern oder gar zu verschieben. Den Türvorleger hatten wir schon lange abgeschrieben und staunten daher nicht schlecht, als dieser immer noch am selben Ort wie am Vorabend lag.

Die starken Windböen wurden schwächer und unsere Verschiebung in Richtung Norden konnte fortgesetzt werden. Kurz vor Kalbarri erreichten wir den nächsten und mittlerweile dritten Pink Lake. Unsere Erwartungen waren eher bescheiden, da wir vor 8 Jahren diesen See zufällig entdeckten, dann aber auf Grund der damaligen Witterungsverhältnisse das Pink nicht wirklich zur Geltung kam. Heute war dies deutlich anders. Die Sonne stand auf dem Zenit und schien im rechten Winkel ins Wasser. Die pinke Verfärbung war sehr deutlich zu sehen. Verantwortlich für die Verfärbung sind Algen, die Beta-Karotin produzieren. Wir waren zeitig auf dem Campingplatz, so dass wir draussen noch einen Apéro geniessen konnten. Als wir uns auf den Weg zum Nachtessen machten, standen und sassen vielen Leute am Strand und warteten auf den Sonnenuntergang. Da unser Hunger noch erträglich war, setzten wir uns in die Wiese und genossen den ausklingenden Tag. Dank den Wolken war der Sonnenuntergang wunderschön und der Himmel verfärbte sich in einer Palette von Farbtönen, die nicht beschrieben werden können. Nach diesem Spektakel war es an der Zeit, in der nahe liegenden Taverne etwas zu Essen.

Heute Morgen stand als erstes die Pelikan Fütterung auf dem Programm. Seit Jahren ist es in Kalbarri Tradition, dass die Pelikane zur Fütterung an den Strand kommen und das pünktlich um 08:45 Uhr. Der Ort der Fütterung befindet sich nur 100 Meter neben dem Campingplatz. Die gefrorenen Fische werden durch Spenden finanziert und so wurde die Fütterung zu einem morgentlichen Spektakel für Touristen. Wir waren sehr erstaunt, wie gross diese Vögel wirklich sind. Ein Männchen und zwei Weibchen erschienen zum Breakfast. Aufgerichtet erreichen sie wohl eine Höhe von ca. 1,2 Meter, die Spannweite kann bis zu 3 Meter betragen und sie haben ein Kampfgewicht von bis zu 7 Kilogramm. Die Vögel schnappten sich die kleinen Happen mit ihren grossen Schnäbeln und stillten den morgendlichen Appetit direkt am Strand. Es ist ein ganz besonderer Anblick, diese schönen Vögel so nahe zu sehen.

Als nächstes stand das Nature‘s Window, ca. 40 km ausserhalb von Kalbarri, auf der «to do list». Dieses spektakuläre Felsenfenster stand schon vor 8 Jahren auf der Wunschliste. Da das Gebiet überschwemmt war, wurde damals nichts daraus. Dieses Mal sollte es klappen. Die Betonung liegt auf «sollte»! Unser Plan war eine geführte Tour, damit wir mit einem entsprechenden Fahrzeug (4WD) in den Nationalpark gelangen konnten. Doch die Tour wurde mangels Teilnehmer abgesagt. Plan B wäre die Anmietung eines Fahrzeuges gewesen. Doch zum Glück fragte uns die hilfsbereite Frau vom Touristenbüro, was wir denn hätten unternehmen wollen. Wir erklärten ihr, dass wir zum Nature’s Window fahren möchten, keinen 4WD haben und mit dem Motorhome nicht hinfahren können. Sie versicherte uns zu 100 %, dass wir mit dem 7,5 Meter Motorhome problemlos dorthin fahren können. Das heisst, die Infrastruktur wurde seit unserem letzten Aufenthalt hier massiv ausgebaut. So war es denn auch. Eine brandneue Strasse führt quer durch das Buschland bis auf 500 Meter an das Naturspektakel heran. Und ja, es ist ganz grossartig, was die Natur über eine fast unendliche Zeit geschaffen hat. Ein riesiges Fenster im roten Sand- und Kalkstein und dahinter der Murchinson River. Ein Traum von einem Anblick! Wow, ganz toll und endlich in natura gesehen.

Was wir bisher immer verschwiegen hatten, das ist das australische Problem mit dem Aussie-Gruss. Also eigentlich nicht der Gruss, welcher ja auch gar kein Gruss ist, ist das Problem. Aber die Aussies schwenken immer mit den Händen vor dem Gesicht hin und her. Dies aber nicht, weil sie dich grüssen möchten, sondern wegen dem bisher verschwiegenen Problem. Das Problem hat Flügel und heisst Fliege! Ausserhalb der Zivilisation in diesen Breitengraden wimmelt es von Milliarden von Fliegen. Wenn es nur Fliegen wären, wäre das Ganze nicht so schlimm, aber es sind x-trem!!! lästige Fliegen. Augen, Nase, Ohren und Mund lassen sie nicht aus und belästigen einen den ganzen Tag. Doch zum Glück verschwinden sie auch wieder, sobald die Sonne untergegangen ist. Jeder, der schon mal in Australien war, kennt dieses Problem, doch man vergisst es schnell und erinnert sich nur noch an das Schöne. Von wegen untergehender Sonne. Auch heute genossen wir am Stand die untergehende Sonne, bevor wir uns einer köstlichen Pizza hingaben.

Tag wach, just um 07:00 Uhr. Das nächste Etappenziel ist Denham in der Shark Bay und knapp 400 km entfernt. Wir kamen zügig vorwärts. Doch wie schon erwähnt, viel mehr als 95 km/h liegt nicht drin. Das erste Roadhouse auf dem Overlander Highway 1 ist das Billabong Roadhouse. Spätestens jetzt wird jedem klar, man ist im Outback und alle steuern jeweils das nächste Roadhouse an. Hier bekommt man von Benzin, über Kioskartikel, frischen Kaffee, Mahlzeiten, Autoersatzteile bis zu Ein- und Zweibettzimmer so gut wie alles, was man auf einem Roadtrip so braucht. Nach einem ausgiebigen Stopp sowie weiteren 40 km auf dem Highway 1 (also Highway in Australien bedeutet 1. die Fahrbahn ist geteert und 2. es gibt zwei Spuren) erreichten wir das Overlander Roadhouse, das wir aber ausliessen und direkt in die Shark Bay abbogen. Am Hamelin Pool machten wir einen weiteren Halt und «bestaunten» die Stromatolithen, welche zum UNESCO-Weltnaturerbe gehören. Die Stromatolithen werden als die ersten erkennbar durch Organismen aufgebauten Gebilde angesehen und können somit als ältestes Lebewesen bezeichnet werden. Auch wieder sehr ähnlich wie vor ca. zwei Wochen in Mandurah, als wir die Thrombolithen angeschaut haben. Es sieht aus, als wären dies einfach nur Steine im Wasser. Dem ist aber nicht so. Diese Organismen sind ca. 3,5 Milliarden Jahre alt und wachsen in 30 Jahren um einen Zentimeter oder anders gesagt, 1 Meter in 3‘000 Jahren! In Bezug auf 3,5 Mia. Jahre relativiert sich unsere durchschnittliche Lebenserwartung von ca. 80 Jahren massiv! Wie unwichtig sind wir für diesen Planeten?! Doch das Handeln der Menschheit in der Neuzeit ist nicht ohne Folgen für die Zukunft. Dies sollten wir uns auch immer wieder vor Augen führen.

Vom Hamelin Pool fuhren wir weiter zum zweiten Naturwunder dieser Gegend, dem Shell Beach. Ein etwas mehr als 100 Kilometer langer Küstenabschnitt voller kleiner Herzmuscheln. Wie viele x Milliarden dies sind, kann wohl niemand so genau sagen. Man kann sich diese Mengen und deren Herkunft gar nicht wirklich vorstellen. Einfach mal wieder nur WOW!

Im Laufe des Nachmittages erreichten wir dann Denham und den Seaside Holiday Caravan Park.