Karijini NP

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10.07.19 - 13.07.19

Mitchell Falls / Northern Territory

Nein, nein, nein 04:15 Uhr und der Wecker reisst uns aus dem Tiefschlaf. Für die Aussies nichts aussergewöhnliches rechtzeitig aufzustehen, denn um 06:00 Uhr ist es taghell. Wie vor ein paar Tagen schon holte uns ein Kleinbus um 05:15 Uhr ab und fuhr zum Airport. Heute standen die Mitchell Falls an. Dies ist quasi der Abschluss unseres Gibb River Road Abenteuers. Mit der Aviair und Paul L. als Pilot, er hatte uns vor ein paar Tagen aus den Bungles geflogen, starteten wir um 06:00 Uhr. Kurze Zeit später erreichten wir Wyndham und flogen der Küste entlang bis zu den King George Falls. Zwei riesengrosse, nebeneinander liegende Wasserfälle, die 100 Meter in die Tiefe stürzen. Also das würden sie, wenn denn Wasser fliessen würde. Kein einziger Tropfen Wasser floss über die roten Felswände. Trotzdem ein toller Anblick und das Wasser muss man sich noch dazu denken, dann passts schon. Wir flogen über die schönsten Sandstrände, die man sich denken kann. Nur baden ist hier nix! Salzwasserkrokodile, Bullenhaie und Würfelquallen, alles 100 % tödlich, geniessen diese Gegend in der Timorsee für sich. Somit wäre eine Notwasserung mit dem Flugzeug auch keine Option. Wir flogen über Kalumburu, eine 400 Seelen Community, westlichste Ortschaft in Western Australia und nur über die Gibb River Road zu erreichen. Nach knapp zwei Stunden Flug erreichten wir den Airstrip auf dem Mitchell Plateau. In der Arrival & Departure Lounge (selten so gelacht, siehe Bild) warteten wir auf das nächste Transportmittel. Zwei Bell Helikopter 206 kamen angerauscht und brachten uns zur Mitchell Falls Wilderness Lodge. Dort packten wir unseren Lunch und machten uns auf den Weg zu den Mitchell Falls. Die Sonne brannte heiss vom Himmel und vor uns lagen knapp 5 Kilometer Wanderweg über Stock und Stein. Bei den Little Mertens Falls bestaunten wir Felsmalereien der Aborigines, die 40‘000 Jahre alt sein sollen. Übrigens im Pool unterhalb der Fälle wurden Szenen des bereits mehrfach erwähnten Films Australia gedreht. Der Pool steht bei den Natives für die Fruchtbarkeit. Was sich bei Nicole Kidman dann auch bewahrheitete. Weiter oben erreichten wir die Big Mertens Falls, welche auch trocken liefen. Vor dort aus war es nur noch ein Katzensprung und wir standen oberhalb der Mitchell Falls. Und siehe da, es floss Wasser. Nicht viel, aber immerhin. So genossen wir den Anblick auf das untere Becken, direkt von der obersten Kante aus. Ein Bad im Mitchell River durfte natürlich nicht fehlen (also für Jürg). Das Wasser hatte recht angenehme Temperaturen, etwa um die 20 Grad. Nach dieser Abkühlung liefen wir auf die gegenüberliegende Seite, um den wunderschönen Wasserfall von der Vorderseite zu bestaunen. Über vier Stufen ergiesst sich das Wasser 80 Meter in die Tiefe. Wunderschön ist dieser Wasserfall und für uns der Abschluss des Gibb River Road Abenteuers.

Im Helikopter ging es zurück zum Airstrip. Übrigens, Helikopter fliegen ohne Türen ist voll der Brüller! Unsere beiden Piloten, welche uns auf der Wanderung begleiteten, wechselten die kurzen Hosen und T-Shirts gegen die Uniform und machten die Maschine startklar. Kurze Zeit später holperten wir über die Outback Piste und hoben ab. Gut eine Stunde lang flogen wir über Niemandsland, keine Menschenseele wäre hier anzutreffen. Dann entdeckten wir eine staubige Piste, die Gibb River Road, welche unter uns den Pentecost River überquert. Dann die Abzweigung zu El Questro, wo wir vor über zwei Wochen die Reifen für den Teerbelag pumpten. Rechter Hand sahen wir El Questro und kurze Zeit später linker Hand die Emma Gorge. Was für ein toller Abschluss! Nach gut 1,5 Stunden Flugzeit erreichten wir Kununurra. Dieser Ausflug war ein riesiges Highlight und wir sind froh, dass wir diese Strecke nicht mit dem 4 x 4 Fahrzeug fahren mussten.

Genau vor zwei Monaten und einem Tag, am 10. Mai, landeten wir in Perth, bzw. Western Australia. Heute verliessen wir in Richtung Osten diesen wunderschönen, vielfältigen und vor allem riesigen Staat. Wir hatten eine riesig tolle Zeit im Südwesten, der Küste entlang, durch die Pilbara und die Kimberley Regionen, nun folgt das Northern Territory. Die Grenzpassage war für uns nicht relevant, nur auf der Gegenseite müssen Früchte, Gemüse und Samen entsorgt werden. Diese dürfen nicht in Western Australia eingeführt werden. Was für uns relevant ist, ist die Zeitverschiebung von + 1,5 Stunden. Woher die 0,5 Stunden kommen, weiss wohl niemand, aber es macht es umso spannender. Spannend war auch die Erkenntnis von Jürg, als er realisierte, dass die Uhr gegen uns lief und nicht für uns! 512 Kilometer sind auf dem Savannah Way bis Katherine zu absolvieren und wenn noch 90 Minuten vom Tag gestohlen werden, dann sollten wir schauen, dass wir Boden gutmachen. Mit einem Tankstopp durchquerten wir die Gegend, die geprägt war durch Hügel, kurvige Strassenführung, goldgelbes Gras und grüne Bäume, abertausende von Termitenhügeln und recht wenig Verkehr. So erreichten wir gut zwei Stunden vor Sonnenuntergang Katherine.

Wir genossen den frisch zubereiteten Kaffee (immer noch mit unserer eigenen Maschine) draussen unter dem Baum und vor unserem Camper. Heute liessen wir es so richtig langsam angehen. Auch ein zweites Tässchen mochte es heute gut vertragen. Anschliessend fuhren wir zur gut 20 Kilometer entfernten Katherine Gorge. Vor dem Eingang zum Visitor Center entdeckten wir ein Velo mit Bündner Fahne. Aha, da sind also unsere Kollegen Nicole und Nik aus der Schweiz. Wir wussten, dass sie heute Nachmittag eine Bootstour machen werden, hatten sie aber noch nicht hier erwartet. So setzten wir uns auf der Terrasse zu ihnen und erzählten uns die Erlebnisse der vergangenen Tage. Wir hatten sie auf der Tour zu den Bungles kennen gelernt, bzw. schon zweimal auf der Strasse angetroffen. Die Zeit verging wie im Fluge und wir entschieden spontan, uns dieser Bootstour anzuschliessen. So verbrachten wir den Nachmittag auf dem Katherine River, links und rechts eingekesselt von hohen roten Felswänden und ab und zu war ein Süsswasser-Krokodil in Ufernähe auszumachen. Nach der Bootstour gab es noch eine Erfrischung und wir mussten uns auf den Weg zurück nach Katherine machen, bevor es eindunkelte. Wir nahmen noch nicht wirklich Abschied von den beiden, denn das morgige Ziel war dasselbe. So waren wir überzeugt, dass wir sie auf dem Weg zu den Edith Falls nochmals antreffen werden. Zurück in Katherine entschieden wir uns aufs Kochen zu verzichteten und holten uns bei Domino’s Pizzas, welche ausserordentlich lecker waren.

Nach dem leckeren Kaffee am Morgen, packten wir unsere sieben Sachen und fuhren in die City von Katherine, also quasi Downtown. Wir mussten unsere Vorräte für die nächsten paar Tage aufrüsten, da wir dann wieder recht abseits jeglicher Zivilisation sein werden. Anschliessend suchten wir die alte Bahnstation in Katherine auf. Dies, weil hier früher der berühmte Zug «The Ghan» Halt machte. Die neue Bahnstation wurde zwischenzeitlich etwas ausserhalb der Stadt errichtet. The Ghan ist benannt nach den afghanischen Kamelen, die früher nach Australien als Transportmittel eingeführt wurden. Die tolle viertägige Reise führt die Passagiere quer durchs Outback, zum grossen Teil dem Stuart Highway entlang, von Darwin bis Adelaide oder umgekehrt.

Nach 1’554 Kilometer auf dem Savannah Way (Broome - Katherine) verliessen wir diesen und fuhren auf dem Stuart Highway (National 1) weiter Richtung Norden. Der Stuart Highway durchquert mit seinen 2‘700 Kilometern Länge den Kontinent von Port Augusta bis Darwin komplett. Vor 8 Jahren hatten wir von Port Augusta her bis zum Threeway Roadhouse 1‘750 Kilometer bereits zurückgelegt. Bis Darwin wären es jetzt noch 315 Kilometer. Da wir aber noch den Abstecher in den Kakadu Nationalpark machen werden, werden wir nicht mehr allzu viel auf dieser Route verbringen. Benannt ist dieser Highway nach dem Schotten John McDouall Stuart, welchem es 1862 als erster Europäer gelang, den australischen Kontinent von Süden nach Norden zu durchqueren. In den 1980er Jahren wurde die Strecke asphaltiert.

Doch auf dem Stuart Highway kamen wir nicht all zu weit. Am linken Strassenrand (Linksverkehr für jene, die das nicht wussten), weit vor uns, entdeckten wir zwei Radfahrer. Bei genauerem Hinschauen wussten wir, wer auf dem Highway mit dem Velo unterwegs war. Unsere Kollegen Nicole und Nik aus dem Bündnerland. Wir hielten unseren Wagen an und boten ihnen aus unserer «Minibar» eine Stärkung an. Da wir erst unweit von Katherine waren, hatten sie vor nicht allzu langer Zeit eine Pause gemacht und waren noch nicht durstig. Doch die beiden Mars Riegel nahmen sie gerne mit. Da vor uns noch 60 Kilometer bis Edith Falls lagen, wussten wir, dass wir uns noch einmal antreffen werden.

Nach einer knappen Stunde erreichten wir die Edith Falls im Nitmiluk Nationalpark. Auf einem gut beschilderten Wanderweg machten wir den ganzen Loop um die Wasserfälle. Zu unserem Erstaunen floss recht viel Wasser, was wir bisher in Western Australia nicht sahen. Es gibt viele Pools, in denen man problemlos (ohne Süsswasser-Kroks) baden kann. Es ist wirklich eine ganz schöne Gegend und wir sind froh, haben wir diesen Abstecher gemacht. Da unser heutiges Endziel Pine Creek war, fuhren wir die 20 Kilometer zum Stuart Highway wieder zurück. Und wie wir es etwa eingeschätzt hatten, trafen wir die beiden Biker auf der Strecke nochmals an. Nun waren sie dankbare Abnehmer unserer kühlen Getränke. Das Thermometer zeigte deutlich über 30 Grad Celsius an. Nach einer kurzen Pause verabschiedeten wir uns endgültig von diesen Beiden, denn unsere Wege werden sich leider bis Darwin wohl nicht mehr kreuzen. Hoffentlich sieht man sich in der Schweiz mal wieder. Wir haben grössten Respekt vor ihren Reisetätigkeiten mit dem Velo. Das ist eine riesige physische aber auch nicht minder psychische Belastung, die die Beiden in den letzten 5 Monaten vollbracht haben. Chapeau, wir haben Hochachtung davor!

Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir Pine Creek, eine ehemalige Goldminen Stadt entlang des Highways. Das Nachtessen genossen wir auf der Terrasse der Taverne beim Campingplatz.